entgeldfortzahlung bei krankheit

Anspruchsvoraussetzungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

 

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle ist gesetzlich geregelt in § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht erstmals nach vierwöchigem ununterbrochenen Bestehen des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 3 EFZG), d.h. in den ersten vier Wochen ist der Arbeitgeber bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Der Arbeitnehmer muss sich daher bei Nichterfüllung der vierwöchigen Wartezeit an seine Krankenkasse wenden und Krankengeld beantragen. Weitere Voraussetzung für einen Entgeltfortzahlungsanspruch ist eine Krankheit des Arbeitnehmers. Krankheit ist ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der eine Heilbehandlung erforderlich macht. Aber nicht jede Krankheit löst automatisch einen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber aus. Vielmehr muss eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers vorliegen, d.h. die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung muss infolge Krankheit unmöglich sein. Dabei ist auf die individuelle arbeitsvertragliche Leistungspflicht abzustellen. Verstaucht sich beispielsweise ein Dachdecker seinen rechten Fußzeh, kann bei ihm Arbeitsunfähigkeit vorliegen, während bei dem Bürokaufmann, der ständig im Sitzen arbeitet, trotz gleichen Krankheitsbildes Arbeitsfähigkeit besteht. Darüber hinaus muss die Krankheit alleinige Ursache für den Arbeitsausfall sein. Diese Voraussetzung ist z.B. nicht gegeben, wenn ein Arbeitnehmer unbezahlten Urlaub nimmt und im Verlauf des unbezahlten Urlaubes erkrankt. Auch ohne Krankheit würde ein Vergütungsanspruch nicht bestehen, da im Falle des unbezahlten Urlaubes die gegenseitigen Hauptleistungspflichten (Arbeitsleistung und Lohnzahlung) ohnehin suspendiert sind. Schließlich darf den Arbeitnehmer an seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kein Verschulden treffen. Ein Verschulden bedeutet nach der Definition des Bundesarbeitsgerichtes jeder Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten bzw. eine leichtsinnige, unverantwortliche Selbstgefährdung. Mit anderen Worten: Es muss ein grob fahrlässiges Verhalten des Arbeitnehmers vorgelegen haben. Beispiele für ein solches grob fahrlässiges Verhalten sind Trunkenheitsfahrten oder grob regelwidrige Verstöße bei der Ausübung einer Sportart.

 

Wie lange muss der Arbeitgeber bei Krankheit Entgeltfortzahlung leisten?

 

Nach § 3 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber bis zur Dauer von sechs Wochen oder 42 Kalendertagen Entgeltfortzahlung zu leisten. Tritt die Arbeitsunfähigkeit nach Aufnahme der Arbeit ein, beginnt die Frist am nächsten Tag an zu laufen. Nach Ablauf der sechswöchigen Frist besteht Anspruch auf Krankengeld, der bei der Krankenkasse zu beantragen ist. Bei wechselnden Krankheiten entsteht stets ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch. Wer sechs Wochen an einer Krankheit arbeitsunfähig erkrankt war, zwischenzeitlich wiedergenesen ist und gearbeitet hat und dann wegen einer anderen Krankheit arbeitsunfähig wird, hat wiederum den Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Anders verhält es sich dann, wenn die zweite, auf eine andere Ursache zurückzuführende Erkrankung während der laufenden Arbeitsunfähigkeit eintritt. In diesem Fall endet der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach sechs Wochen der ersten Krankheit (sog. Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls). Beispiel: Der Arbeitnehmer erleidet einen Bruch seines linken Armes aufgrund eines Fahrradunfalles und ist fünf Wochen arbeitsunfähig krank geschrieben. Er rutscht im Verlauf der fünften Woche dieser Erkrankung bei einem Spaziergang aus und bricht sich nun den rechten Arm, was wiederum zu einer Arbeitsunfähigkeit von fünf Wochen führt. In dieser Fallkonstellation endet der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach Ablauf von sechs Wochen. Für darüber hinaus gehende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitnehmer keine Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber verlangen und muss sich an seine Krankenkasse wenden. Bei mehreren Krankschreibungen aufgrund identischer Krankheitsursachen besteht nur ein sechswöchiger Entgeltfortzahlungsanspruch. Wenn ein Arbeitnehmer wegen eines gleichen, nicht ausgeheilten Grundleidens mehrfach hintereinander arbeitsunfähig wird, müssen zwischen den einzelnen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate liegen, in denen keine Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit besteht. Ist dies der Fall, so wird der Fortsetzungszusammenhang zwischen der früheren und der erneut auftretenden Krankheit unterbrochen. Arbeitsrechtlich gesehen handelt es sich dann um eine neue, erstmalig auftretende Krankheit. Beispiel: Der Arbeitnehmer ist sechs Wochen wegen eines Armbruches arbeitsunfähig. Vier Monate später wird an seinem verletzten Arm das eingesetzte Metall operativ entfernt und er wird wegen dieses Eingriffes erneut arbeitsunfähig. Er erhält für die Zeit der zweiten Arbeitsunfähigkeit keine Entgeltfortzahlung, da zwischen dem Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit und dem Beginn der zweiten nicht mindestens sechs Monate liegen. Bei immer wieder auftretenden Erkrankungen wegen eines einheitlichen Grundleidens, bei denen zwischen dem Ende der letzten und dem Beginn der weiteren Arbeitsunfähigkeit immer weniger als sechs Monate liegen, erhält ein Arbeitnehmer nur dann wieder eine Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn seit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von 12 Monaten liegt. Dies ergibt sich § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EFZG.

In welcher Höhe muss der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung leisten?

 

Gemäß § 4 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit das ihm bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Zu dem fortzuzahlenden Arbeitsentgelt zählen auch Zuschläge, die angefallen wären, wenn der Arbeitnehmer ohne die Krankheit gearbeitet hätte. Durch Tarifvertrag können abweichende Regelungen getroffen werden. Ausgenommen von der Entgeltfortzahlung sind jedoch solche Vergütungsbestandteile, die für tatsächlich entstandene Nachteile gewährt werden und die während der Krankheit nicht entstehen (z.B. Fahrtkostenerstattung, Verpflegungsmehraufwandspauschalen, Übernachtungskosten).

 

Welche Pflichten habe ich im Falle der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit?


a) Anzeigepflicht

Nach § 5 Abs. 1 EFZG ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber ohne schuldhaftes Zögern über sein krankheitsbedingtes Fehlen unterrichten muss. Es darf nicht etwa abgewartet werden, bis der Arzt ein Attest ausgestellt hat, sondern es muss vielmehr nach einer Selbstdiagnose das Fehlen mitgeteilt werden (in der Regel Anruf am 1. Krankheitstag im Betrieb und Angabe der voraussichtlichen Dauer der Krankheit). Verstößt der Arbeitnehmer gegen seine Anzeigepflicht, kann dieser Verstoß eine Abmahnung oder im Wiederholungsfall sogar eine Arbeitgeberkündigung rechtfertigen.
b) Nachweispflicht

Zusätzlich besteht gemäß § 5 Abs. 1 EFZG die Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitzuteilen. Die ärztliche Bescheinigung muss Angaben über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und über deren voraussichtliche Dauer enthalten. Nach der gesetzlichen Regelung ist eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage dauert. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage. Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss dann spätestens am nächsten Arbeitstag dem Arbeitgeber vorgelegt werden. Beispiel: Arbeitnehmer erkrankt an einem Donnerstag und wird für eine Woche krankgeschrieben. Reguläre Arbeitszeit ist Montag bis Freitag. Samstag ist zwar der dritte Tag, aber nicht am Sonntag, sondern am nächsten Arbeitstag (Montag) muss der Schein vorgelegt werden. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung auch früher zu verlangen, also auch schon für den ersten Tag der Krankheit. Ein solche Regelung kann im Arbeitsvertrag verankert sein. In diesem Fall muss die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am ersten Tag vorgelegt werden. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der ersten ärztlichen Bescheinigung angegeben, muss eine weitere ärztliche Bescheinigung vorlegt werden. Legt der Arbeitnehmer keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, hat der Arbeitgeber gemäß § 7 Abs. 1 EFZG ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht, d.h. er muss solange keine Entgeltfortzahlung leisten, bis die Bescheinigung nachgereicht wird. Verstößt der Arbeitnehmer gegen seine Nachweispflicht, kann auch dieser Verstoß eine Abmahnung oder im Wiederholungsfall eine Arbeitgeberkündigung rechtfertigen.

 

Muss ich bei Krankheit zu Hause bleiben?

 

Der Arbeitnehmer hat während der Arbeitsunfähigkeit alles zu tun, um schnellstmöglich wieder zu genesen, um so seine Arbeitskraft wieder herzustellen. Arbeitsunfähigkeit ist jedoch nicht mit einem Hausarrest gleichzusetzen. Wenn Sie nicht bettlägerig von Ihrem Arzt krankgeschrieben sind, dürfen Sie Spazieren gehen, Einkaufen gehen, Freunde besuchen und auch sonst alles tun, was Ihre Wiedergenesung nicht gefährdet oder den Anweisungen Ihres Arztes widerspricht.

 

Was passiert, wenn ich während des Urlaubes krank werde? Was muss ich dann bei einem Auslandsaufenthalt beachten?

 

Für Zeiten eines gewährten Urlaubes, in denen eine durch ärztliches Attest nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit eintritt, liegt gemäß § 9 Bundesurlaubsgesetz kein Erholungsurlaub vor, sondern es besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen Krankheit. Die durch Attest nachgewiesenen Krankheitstage werden dem Urlaubskonto wieder gutgeschrieben. Der Urlaub verlängert sich jedoch nicht automatisch im Umfang der Krankheitstage! Er kann lediglich zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der üblichen Regelungen genommen werden. Gemäß § 5 Abs. 2 EFZG bestehen bei Auslandsaufenthalten weitergehende Pflichten des Arbeitnehmers. Hält sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland auf, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Die durch die Mitteilung entstehenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen. Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer, wenn er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, verpflichtet, auch dieser die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen.

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